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Internationales Steuerstrafrecht

Internationales Steuerstrafrecht

1. Auslöser für internationale Steuerstrafverfahren

Die Auslöser für internationale Steuerstrafverfahren sind vielfältig. Oftmals ergeben sich Verdachtsmomente aus der Betriebsprüfung, etwa wenn auffällige Zahlungen ins Ausland entdeckt werden und ein Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG in Rede steht. Ebenso sind Trusts, Stiftungen, Briefkasten- oder Domizilgesellschaften im Ausland verstärkter Beobachtung unterzogen. Von zunehmender Bedeutung ist auch die Gewinnverlagerung in sog. Steueroasen. Nach Erstattung einer Selbstanzeige erfolgt ebenso die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, um die Wirksamkeit selbiger zu überprüfen. Aber auch Auffälligkeiten in der regulären Steuererklärung können Anlass bieten, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einzuleiten, etwa wenn plötzlich ausländische Kapitalerträge erklärt werden. Innerhalb der Behörden besteht zudem die Möglichkeit, Informationen auszutauschen, z.B. im Wege sog. Kontrollmitteilungen. Vielfach ergeben sich auch aus bereits geführten Strafverfahren Anhaltspunkte für weitere Steuerstraftaten. Insbesondere Erbschaften und Schenkungen führen immer wieder zur Einleitung von Strafverfahren.

Ebenso sind die Zollbehörden zu Mitteilung befugt und verpflichtet, etwa wenn beim Grenzübertritt Bargeld oder Bargeld gleichgestellte Mittel von mehr als 10.000 Euro festgestellt werden. Die Zollbeamten sind befugt, die Einhaltung der Anmeldung, auch mittels körperlicher Durchsuchung, sicherzustellen. Für die Bewertung ausländischer Barmittel gilt der jeweilige Tageskurs.

Auch Umsatzsteuer-Nachschauen gem. § 27 b UStG münden gelegentlich in der Einleitung von Strafverfahren. Schließlich sind Selbstanzeigen, Anzeigen durch private Dritte (ehemalige Mitarbeiter, Ehegatten) zu nennen. Weitere mögliche Ermittlungsmaßnahmen / Erkenntnisquellen sind:

  • Auskunftseinholung (§§ 161, 163 StPO),
  • Identitätsfeststellung (§§ 163 b, 127 StPO),
  • Telefonüberwachung bei Katalogstraftaten,
  • Anzeigen Dritter,
  • Observation (z.B. zur Frage der Ansässigkeit),
  • Zeugenvernehmung,
  • Beschuldigtenvernehmung,
  • Chi-Quadrat Test,
  • Auswertung von Chiffre-Anzeigen,
  • Mitteilung nach § 31 b AO bei Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung,
  • Ankauf von Steuer CDs,
  • Mitteilung bei Grundstücksgeschäften (§ 18 GrEStG),
  • internationaler Informationsaustausch,
  • Rechtshilfe, Rechtshilfeübernahmeersuchen.

2. Rechtshilfe, Rechtshilfeübernahmeersuchen.

Besondere Bedeutung für den Bereich der Vorfeldermittlungen im Bereich des internationalen Steuerstrafrechts kommt den vonseiten der Steuerfahndung initiierten Sammelauskunftsersuchen, die sich an Kreditinstitute und/oder Anleger richten und in denen bestimmte Informationen über steuerlich relevante Vorgänge erfragt werden, zu. Besonderes Interesse gilt dabei von jeher Überweisungen/Transaktionen mit Auslandsbezug, da per se vermutet wird, dass ein Großteil der daraus resultierenden Erträge in der Folgezeit nicht der Besteuerung unterworfen wurde.

Ein diesbezügliches Auskunftsersuchen ist denknotwendig nicht anlasslos zulässig, sondern an bestimmte, enge Voraussetzungen geknüpft. Die Aufgabenerfüllung der Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO hat, wie dargelegt, erst dann einzusetzen, wenn für ein Tätigwerden ein hinreichender Anlass besteht. Ein solcher liegt vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte (z.B. wegen der Besonderheit des Objektes oder der Höhe des Wertes) oder aufgrund allgemeiner Erfahrung (auch konkreten Erfahrungen für bestimmte Gebiete) die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt und daher eine Anordnung bestimmter Art angezeigt ist. Die näheren Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Sammelauskunftsersuchen wurden von der Rechtsprechung insbesondere im Zusammenhang mit Tafelpapieren und der Gewährung von Bonusaktien an private und institutionelle Anleger im In- und Ausland wie folgt konkretisiert: Ein hinreichender Anlass liegt vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte oder aufgrund allgemeiner Erfahrung (auch konkreten Erfahrungen für bestimmte Gebiete) die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt. Ermittlungen „ins Blaue hinein“, Rasterfahndungen, Ausforschungsdurchsuchungen oder ähnliche Ermittlungsmaßnahmen sind unzulässig. Eines konkreten Tatverdachts, wie bei der Einleitung eines Strafverfahrens erforderlich ist, bedarf es für das Auskunftsersuchen im Rahmen von Vorfeldermittlungen nicht. Es genügt, wenn die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt. Das sächsische Finanzgericht ging hingegen in einem gleichgelagerten Fall davon aus, dass es sich um eine unzulässige Rasterfahndung handelte. Der BFH bestätigte die Ansicht des Sächsischen Finanzgerichts und führte aus:

„Die allgemeine, in jedwedem Zusammenhang nach der Lebenserfahrung gerechtfertigte Vermutung, dass Steuern nicht selten verkürzt und steuerpflichtige Einnahmen nicht erklärt werden – insbesondere, wenn die Entdeckungswahrscheinlichkeit gering ist, wie bei Einkünften der hier vom Streit betroffenen Art -, genügt in diesem Zusammenhang nicht, um die Ermittlungsmaßnahmen des FA als „hinreichend veranlasst“ und nicht als Ausforschung „ins Blaue hinein“ erscheinen zu lassen, wenn anders die in der ständigen Rechtsprechung des BFH vorgenommene Unterscheidung zwischen solchen Ermittlungen und sog. „Rasterfahndungen“ einerseits und andererseits durch hinreichende konkrete Anhaltspunkte, welche die Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen in besonderem Maße wahrscheinlich erscheinen lassen, veranlassten Ermittlungen jede Bedeutung verlieren soll.“

Ist ein hinreichender Anlass für Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung gegeben, scheidet die Annahme einer Rasterfahndung oder einer Ermittlung ins Blaue hinein aus. Die Finanzbehörde darf eine Auskunft von Personen, die nicht am Besteuerungsverfahren beteiligt sind, nur verlangen, wenn sie zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Pflichterfüllung für den Betroffenen möglich und seine Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar ist. Dass die Daten auf ausländischen Servern gespeichert sind, steht der Auskunftserteilung an das Finanzamt in technischer Hinsicht nicht entgegen, soweit der Betroffene auf die Daten im Rahmen der ihr nach dem Datenverarbeitungsvertrag obliegenden Aufgaben und Pflichten zugreifen kann.

3. Allgemeine und besondere Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen

Was § 90 Abs. 1 Satz 1 AO als allgemeine Mitwirkungspflicht zusammenfasst, findet seine Konkretisierung in zahlreichen besonderen Vorschriften der Abgabenordnung und anderen Steuergesetzen, die für die Ermittlung inländischer, grenzüberschreitender und ausländischer Sachverhalte gleichermaßen gelten. Hierzu zählen z.B.

  • Auskunftspflicht beteiligter Personen (§ 93 AO),
  • Die eidliche Vernehmung (§ 94 AO),
  • Kontrollmitteilungen (§ 93 a AO i.V.m. der Mitteilungsverordnung – MV),
  • Daten- und Kontenabruf (§§ 93 Abs. 7, 8, 93 b AO),
  • Versicherung an Eides statt (§ 95 AO),
  • Hinzuziehung von Sachverständigen (§ 96 AO),
  • Vorlage von Urkunden (§ 97 AO),
  • Augenscheinseinnahme (§ 98 AO),
  • Das Betreten von Grundstücken und Räumen (§ 99 AO),
  • Vorlage von Wertsachen (§ 100 AO),
  • Benennung eines Empfangsbevollmächtigten (§ 123 AO),
  • Bestellung eine Fiskalvertreters (§ 22 a – 22 e UStG),
  • Personenstands- und Betriebsaufnahme (§ 135 AO),
  • Anzeige über die Gründung usw. von Körperschaften (§ 137 AO),
  • Anzeige über Erwerbstätigkeit (§ 138 AO),
  • Anzeige für Zwecke von Verbrauchssteuern und besonderen Verkehrssteuern (§ 139 AO),
  • Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten (§§ 140 ff, AO, § 22 KStG),
  • Aufbewahrung von Unterlagen (§ 147 ff. AO),
  • Abgabe von Steuererklärungen (§§ 149 f. AO),
  • Empfängerbenennung (§ 160 AO, § 16 Abs. 1 AStG),
  • Berichtigung von Steuererklärungen (§ 153 AO),
  • Mitwirkungspflichten bei Außenprüfungen (§ 200 AO),
  • Anzeigepflichten nach Wegzug (§ 39 Abs. 7 EStG),
  • Mitwirkungspflichten bei Steuerfahndung und Zollfahndung (§ 208 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO),
  • Mitwirkungspflichten bei Nachschau (§ 210 AO),
  • Mitwirkungspflichten bei Wegzug (§ 6 Abs. 7 AStG),
  • Nachweispflichten nach Einbringung (§ 22 Abs. 3 UmwStG),
  • Besondere Nachweispflichten nach Auslandsbezug (§ 90 Abs. 2 AO)

4. Strafrechtliche Folgen bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten

Die Verletzung von den in den Steuergesetzen ausdrücklich verankerten Mitwirkungs- und Dokumentationspflichten führt erst dann zu einer Steuerhinterziehung, wenn in diesem Zusammenhang entweder gar keine oder Steuererklärungen mit zu niedrigen Einkünften abgegeben werden oder es sonst infolge der Verletzung der vorgenannten Pflichten zu keiner oder zu einer zu niedrigen oder verspäteten Steuerfestsetzung kommt (§ 370 AO). Soweit die Pflichtverstöße nicht zu einer vollendeten oder versuchten Steuerhinterziehung führen, kann insbesondere der Tatbestand der Steuergefährdung gem. § 379 AO erfüllt sein. Hiernach werden insbesondere Handlungen, die zur Vorbereitung einer Steuerverkürzung oder zur Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile geeignet sind, als Ordnungswidrigkeit erfasst. § 379 AO hat in der Praxis allerdings nur eine geringe Bedeutung, weil zumeist auch unrichtige Steuererklärungen abgegeben werden, so dass wegen daraus folgender unzutreffender Steuerfestsetzung eine Steuerverkürzung nach den vorrangig anzuwendenden §§ 370, 378 AO die Folge ist. Im Hinblick darauf greift § 378 AO regelmäßig nur dann ein, wenn die Tathandlungen vor Abgabe der Steuererklärungen aufgedeckt werden. Während § 379 AO nur ganz bestimmte Pflichtverstöße in eigener Sache erfasst, erstreckt sich der Bußgeldtatbestand des § 380 AO auf die Verletzung von Pflichten, die dritten Personen Besteuerungsverfahren hinsichtlich fremder Steuerschulden obliegen. Hierbei geht es im Wesentlichen um die Gefährdung von Abzugsteuern.

Im außensteuerlichen Kontext ist unter strafrechtlichen Gesichtspunkten insbesondere die Verletzung der im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Anzeigepflichten von besonderer Bedeutung. Diese Anzeigepflichten sind darauf gerichtet, ergänzend zur Abgabe von Steuererklärungen / Steueranmeldungen und die Abführung von Abzugsteuern, die vollständige Erfassung aller potenziellen Steuerpflichtigen sicherzustellen. Soweit die Verletzung der betreffenden Anzeigepflichten nicht in eine vollendete oder versuchte Steuerhinterziehung einmündet, kann sie mit einem Bußgeld geahndet werden, falls dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist.

5. Pflichtverletzungen im Internationalen Steuerrecht

Typische Problembereiche:

  1. Wegzug natürlicher Personen
  2. Wegzug von Kapitalgesellschaften
  3. Grenzüberschreitender Leistungstransfer bei Betriebsstätten
  4. Internationale Umwandlungen
  5. Grenzüberschreitende Verrechnungspreie zwischen Kapitalgesellschaften
  6. Funktionsverlagerung
  7. Ausländische Betriebsstätteneinkünfte
  8. Ausländische Kapitalerträge

Im Bereich des Internationalen Steuerrechts wird die Steuerhinterziehung gleichermaßen durch unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) und durch Verstoß gegen Erklärungspflichten durch Unterlassungen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) begangen. Im Hinblick darauf, dass die vom Steuerpflichtigen geforderten Steuererklärungen nicht in erster Linie die Mitteilung steuerlich erheblicher Tatsachen verlangen, sondern durchweg eigene steuerliche Subsumtionen einfordern, kann von unrichtigen Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen überhaupt nur dann die Rede sein, wenn das mitgeteilte Subsumtionsergebnis von dem zugrunde liegenden Sachverhalt unter keinem vertretbaren Gesichtspunkt gedeckt ist. Das bedeutet, dass der Steuerpflichtige in seinen Steuererklärungen auch eine günstigere Rechtsansicht vertreten darf. Wird allerdings eine von der Rechtsprechung und den Steuerrichtlinien abweichende Rechtsansicht vertreten, bedarf es in der Steuererklärung eines entsprechenden Hinweises. Gibt es keine entsprechenden Vorgaben durch Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen, was im Bereich des Internationalen Steuerrechts häufig der Fall ist, besteht eine entsprechende Hinweispflicht nicht.

Im Hinblick darauf, dass die Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung im Ausland begrenzt sind, enthalten zahlreiche dem Internationalen Steuerrecht zuzuordnenden Vorschriften steuerliche Beweislastregelungen sowie Nachweispflichten, deren Verletzung eine für den Steuerpflichtigen belastende steuerliche Rechtsfolge auslösen. Derartige Beweislastregelungen und Nachweispflichten bleiben im Steuerstrafverfahren außer Betracht. Aus dieser Divergenz folgt im Ergebnis, dass an die Sachverhaltsermittlung für steuerstrafrechtliche Zwecke erhöhte Anforderungen zu stellen sind.

Eine Steuerhinterziehung ist nur dann strafbar, wenn bezogen auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale Vorsatz gegeben ist. Zwar ist ein Eventualvorsatz ausreichend, dies setzt aber den Nachweis voraus, dass der betroffene Steuerpflichtige einen Steueranspruch für möglich gehalten hat. Wenn demgegenüber nicht nachgewiesen werden kann, dass überhaupt eine Vorstellung von einem entsprechenden Steueranspruch bestand, ist der Vorsatz zu verneinen. In den Fällen der Steuerhinterziehung durch Unterlassen gehört zum Vorsatz zusätzlich auch die Kenntnis aller Umstände, die eine steuerliche Erklärungspflicht auslösen. Im Bereich des Internationalen Ertragsteuerrechts ist es häufig nicht möglich, einen entsprechenden Vorsatz nachzuweisen. Im Hinblick darauf bleibt nur die Ahndung als leichtfertige Steuerverkürzung §378 AO oder, so der in der Praxis häufige Fall, wenn und soweit eine entsprechende Darstellung des relevanten Sachverhaltes gelingt, die Einstellung gem. § 153 a Strafprozessordnung (StPO) - Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen.

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